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Eine Frage, die mir oft gestellt wird: "Was ist eigentlich Restorative Justice?" Für mich ist Restorative Justice ein innovativer Weg, mit Konflikten und Straftaten umzugehen - hin zu sozialem Frieden

Meine RJ-Arbeit in Form von Kreisdialogen in Gefängnissen


Ein paar Worte dazu und darüber hinaus:


Restorative Justice – Ein friedensstiftender Weg im Umgang mit Konflikten und Straftaten


In einer Zeit, in der immer häufiger nach härteren Strafen und Vergeltung gerufen wird, stellt sich eine entscheidende Frage: Wie gehen wir sinnhaft und nachhaltig mit Konflikten, Gewalt und Unrecht um? Hinter jeder Straftat stehen menschliche Tragödien – verletzte Menschen, zerbrochene Beziehungen und gesellschaftliche Auswirkungen, die weit über das Einzelschicksal hinausgehen. Straftaten hinterlassen tiefe Spuren: Betroffene erleben Angst, Schuldgefühle und oft einen Verlust an Sinn und Sicherheit. Tatverantwortliche wiederum schwanken zwischen Abwehr, Schuld und Verdrängung. Gleichzeitig ist auch die Gemeinschaft und das soziale Netzwerk aller Beteiligten betroffen. All diese Tatfolgen sind sehr spürbar, wenn die Teilnehmenden in den gemeinsamen Dialog auf der Grundlage meines Konzeptes "Betroffenenorientiertes Arbeiten im Strafvollzug (BoAS)" im Gefängnis gehen.


Restorative Justice (RJ) setzt genau hier an. Anstatt sich auf Bestrafung zu konzentrieren, sucht sie nach Wegen der Begegnung, Wiedergutmachung und Verantwortungsübernahme. RJ betrachtet Straftaten und Konflikte nicht isoliert, sondern als Beziehungsbrüche, die wiederhergestellt werden können. Das Ziel ist es, nicht nur die Folgen für die Beteiligten zu lindern, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes zu stärken.


Was unterscheidet Restorative Justice von der klassischen Strafjustiz?

Die klassische Strafjustiz („Criminal Justice“) verfolgt ein retributives Modell: Ein Unrecht wird mit Strafe beantwortet. Restorative Justice hingegen geht über dieses Prinzip (s.o.) hinaus, indem sie alle Beteiligten – Tatbetroffene, Tatverantwortliche, das soziale Netzwerk und die Gemeinschaft – in den Lösungsprozess einbezieht.


Während Criminal Justice Schuld feststellt und Strafe verhängt, stellen RJ- Verfahren drei zentrale Fragen:

  • Wer wurde wie verletzt?

  • Was brauchen die Betroffenen, um die Tatfolgen/den Konflikt ver- und bearbeiten zu können?

  • Wer kann Verantwortung übernehmen und wie?

Der Fokus liegt auf der Wiederherstellung von Vertrauen, sozialer Harmonie und der Reduzierung von Schäden – sowohl materiell als auch emotional.


Wie funktioniert Restorative Justice?

Restorative Justice setzt auf Dialog und Beziehungsarbeit. Verhalten ("Schuld") wird nicht als Verstoß gegen (ethische und moralische) Gesetze, sondern als Bruch zwischenmenschlicher Beziehungen verstanden. Die Sprache der RJ ist daher eine Sprache der Verbindung und Verständigung.


Der Prozess kann verschiedene Formen annehmen, darunter:

  • Mediationsverfahren/Täter-Opfer-Ausgleich/Tatausgleich, in denen Tatbetroffene und Tatverantwortliche unter professioneller Begleitung über das Geschehene sprechen,

  • Kreisgespräche als gemeinschaftlicher Rahmen, bei dem neben den direkt Betroffenen auch Familien, Gemeindemitglieder oder Vertreter:innen des sozialen Netzwerkes beteiligt sind,

  • Versöhnungs- und Wiedergutmachungsprogramme, die sowohl materielle als auch immaterielle Schäden adressieren.

Ziel ist es, für alle eine bestmögliche Lösung zu finden – sei es durch Wiedergutmachung, Entschuldigung, Verhaltensänderung oder soziale Reintegration.


Restorative Justice als gesellschaftlicher Wandel

Restorative Justice ist mehr als eine alternative Konfliktlösung – sie ist eine gesellschaftliche Haltung. Sie ermutigt dazu, Verantwortung zu übernehmen, aktiv zuzuhören und Strafe nicht als einzige Antwort auf Unrecht zu sehen. Statt Tatverantwortliche und Tatbetroffene in festgelegte Rollen zu drängen, schafft RJ Raum für Menschlichkeit, Heilung und gemeinschaftliche Lösungen.

Während RJ in vielen Ländern bereits erfolgreich in Justizsysteme integriert wurde, ist sie in Deutschland noch vor allem im Rahmen von Täter-Opfer-Ausgleichs-Projekten bekannt. Doch die Möglichkeiten reichen weit darüber hinaus – von der Konfliktlösung in Systemen wie Behörden und Institutionen bis hin zur Anwendung bei schweren Straftaten.


Restorative Justice bedeutet für mich in diesem Sinne: nicht wegsehen, sondern handeln – mit Verantwortung, Mitgefühl und Blick auf eine gemeinsame Zukunft.


Eine Buchempfehlung "Restorative Justice" von Rehzi Malzahn für weitere und ausführliche Inhalte zu RJ:


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